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Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen

Mit dem Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen werden seit 2020 Angebote, die darauf abzielen, die sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken, für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren sowie für Erwachsene, deren Einwilligung einem Willensmangel unterliegt, verboten. Hier erfahren Sie mehr zu den Hintergründen des Gesetzes und den Aufgaben, die LIEBESLEBEN dadurch übernimmt.

Wie kam es zu dem Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen?

Vor dem Hintergrund der schädlichen Wirkungen von Konversionsbehandlungen hat der Gesetzgeber 2019 in einem umfangreichen Verfahren unter Beteiligung einer interdisziplinären sowie multiprofessionellen Fachkommission eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme durch die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld erstellen lassen. Diese umfasst zwei Fachgutachten aus juristischer und sexualmedizinischer Perspektive sowie Erfahrungsberichte und Stellungnahmen. Im Ergebnis wurden verschiedene Empfehlungen formuliert, die im Gesetzgebungsverfahren Mitte 2020 diskutiert wurden und schließlich zu dem Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen geführt haben, welches am 24. Juni 2020 in Kraft getreten ist. 

Was sind Konversionsbehandlungen und warum sind sie verboten?

Sogenannte Konversionsbehandlungen zielen darauf ab, die sexuelle Orientierung und/oder die geschlechtliche Identität einer Person zu ändern oder zu unterdrücken. Zahlreiche Gutachten kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass die Folgen solcher Pseudotherapien Ängste, Isolation und Depressionen sind, die bis zu Suizid führen können. Ein wissenschaftlich valider Nachweis für die intendierte Wirksamkeit derartiger Therapien existiert dagegen nicht, vielmehr ist schon die grundlegende Annahme einer Behandlungsbedürftigkeit nicht mit internationalen Standards, etwa der WHO, vereinbar. Konversionsbehandlungen stellen somit eine Gefährdung der individuellen Gesundheit und einen erheblichen Eingriff in das Recht auf Selbstbestimmung dar. Dies gilt zum einen hinsichtlich der schädlichen Effekte auf »behandelte« Personen. Zum anderen sind schädliche Effekte von sogenannten Konversionsbehandlungen aber auch als gesellschaftliche Stigmatisierungs- und Diskriminierungseffekte auf Dritte, etwa in Form von Minderheitenstress, wirksam.

Vor diesem Hintergrund wurde Mitte 2020 das Gesetz zum Schutz vor Konversionsbehandlungen (KonvBehSchG) beschlossen, welches die Durchführung von Konversionsbehandlungen für Jugendliche bis 18 Jahren und für Erwachsene, deren Einwilligung einem Willensmangel unterliegt, verbietet; ebenso wie auch das Anbieten, Werben und Vermitteln von Konversionsbehandlungen verboten ist.

Doch auch wenn das KonvBehSchG nur wenige Paragrafen hat, haben es die Regelungen in sich. Die folgende Übersicht schafft Klarheit zu den häufigsten Fragen rund um das Gesetz und gibt zum Beispiel eine Übersicht, welche Behörde für die Ahndung zuständig ist.

Das KonvBehSchG schützt vor allen am Menschen durchgeführten Behandlungen, die auf die Veränderung oder Unterdrückung der sexuellen Orientierung oder der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität gerichtet sind. Es kommt also nicht auf eine bestimmte Art oder Methode (zum Beispiel Anwendung von körperlicher Gewalt) an – auch sprachliche und psychische Beeinflussungsversuche, zum Beispiel in der Beratung,Seelsorge oder Psychotherapie, sind vom Gesetz erfasst. Auch Falschbehauptungen über die Wirksamkeit, das Hinauszögern wichtiger Behandlungsschritte, etwa im Rahmen einer Transition, oder eine nicht vollständige Aufklärung können als Elemente von Konversionsbehandlungen angesehen werden.

Das Gesetz gilt hingegen nicht für Behandlungen für Behandlungen, die der selbstempfundenen geschlechtlichen Identität einer Person oder ihrem Wunsch nach einem eher weiblichen oder eher männlichen Körperbild zum Ausdruck verhelfen (etwa im Rahmen einer Transition). Diese wichtigen und evidenzbasierten Behandlungen sind weiterhin erlaubt.

Das Verbot, Konversionsbehandlungen durchzuführen, anzubieten oder zu vermitteln, gilt für alle Personen – unabhängig davon, ob sie berufsmäßig oder privat handeln. Es gibt keine Beschränkung auf bestimmte Berufe, Kontexte oder Methoden. Auch Eltern oder andere Fürsorge- oder Erziehungsberechtigte können bei gröblicher Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht bestraft werden.

Neben dem KonvBehSchG gilt für Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen jedoch zusätzlich auch das jeweilige Berufsrecht. Dieses regelt unter anderem, welche Pflichten sie im Rahmen ihrer Berufsausübung haben. Bei Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen ist die Durchführung von Konversionsbehandlungen unabhängig vom Alter der Patient*innen nicht mit einer gewissenhaften Berufsausübung vereinbar und damit auch berufsrechtlich verboten. Verstöße gegen das Berufsrecht können verschiedene berufsrechtliche Konsequenzen haben, die bis zum Widerruf der Approbation reichen. Zuständig sind hierfür die Ärztekammern beziehungsweise Psychotherapeutenkammern, bei denen auch Beschwerden eingereicht werden können.

Konversionsbehandlungen sind bei Personen über 18 Jahre verboten, wenn deren Einwilligung auf einem Willensmangel beruht. Die Idee hinter dieser Regelung: Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass volljährige Personen frei und fähig sind, Entscheidungen, die die eigenen Rechte betreffen, selbst zu treffen. Es gibt allerdings Umstände, in denen Entscheidungen nicht auf dem freien Willen der Personen beruhen. Hier spricht man von einem Willensmangel. Als Ursache für einen Willensmangel kommen Täuschung, Drohung, Gewalt und Irrtum in Betracht.

Eine Drohung kann beispielsweise vorliegen, wenn queeren Personen ein Ausschluss aus der Familie oder religiösen Gemeinschaften angedroht wird, sofern sie sich nicht einer Konversionsbehandlung unterziehen. Dabei kann es auch zur Anwendung von physischer oder psychischer Gewalt kommen. Eine Person kann zudem über den therapeutischen Nutzen einer Konversionsbehandlung getäuscht werden. Dies kann auch mit einem Irrtum einhergehen, wenn die einwilligende Person über die Art und den Umfang der Konversionsbehandlung oder über deren schädliche Auswirkungen irrt. Ebenso kann man hinsichtlich der vermeintlichen Wirksamkeit von Konversionsbehandlungen und der Heilbarkeit von beispielsweise Transgeschlechtlichkeit oder Homosexualität irren. Oftmals, aber nicht immer, sind diese Fallkonstellationen auf eine fehlende Aufklärung zurückzuführen.

Denn an die Aufklärung stellt der Gesetzgeber besonders hohe Anforderungen. Die »Behandler*innen« müssen Sorge dafür tragen, dass die volljährigen Personen gefühlsmäßig und kognitiv zu einer realistischen psychologischen und medizinischen Beurteilung gelangen können, da Konversionsbehandlungen schwere gesundheitliche Folgen haben können.

Ob ein Willensmangel vorliegt, muss immer im Einzelfall geprüft werden. Einige Expert*innen vermuten jedoch, dass in den meisten Fällen ein Willensmangel vorliegt, da einwilligende Menschen zumindest teilweise an die Wirksamkeit einer Konversionsbehandlung glauben und eine Linderung ihres vermeintlichen Leidens erwarten. Die Durchführung von Konversionsbehandlungen ist dann auch für Erwachsene verboten.

Das KonvBehSchG untersagt, für eine Konversionsbehandlung zu werben oder eine solche Behandlung anzubieten. Es ist daher auch verboten, in Büchern, Flyern oder im digitalen Raum eigene Dienste einer Konversionsbehandlung oder Dienste einer konkreten Einrichtung anzubieten. Wird hingegen nur eine Meinung geäußert oder werden Informationen geteilt, fallen die Medien nicht unter das Verbot – auch wenn die geäußerte Meinung etwa unwissenschaftlich sein sollte.

Ziel der Regelung ist, Konversionsbehandlungen aus der Öffentlichkeit zu drängen. Schließlich vermittelt jedes Werben und Anbieten von Konversionsbehandlungen fälschlicherweise den Anschein, dass die sexuelle Orientierung oder die Geschlechtsidentität änderbar seien oder gar einer Heilung bedürften. Gesellschaftliche Stigmatisierung und Minderheitenstress werden dadurch befördert. Zudem könnte durch solche Angebote der Eindruck entstehen, dass es sich bei Konversionsbehandlungen um anerkannte und regelmäßig durchgeführte Therapieformen handelt, was nicht korrekt ist.

Die Durchführung von Konversionsbehandlungen wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bestraft. Das Vermitteln von Konversionsbehandlungen ist als Beihilfe ebenfalls strafbar (§ 27 StGB). Anzeigen können bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder beim Amtsgericht gestellt werden.

Verstöße gegen das Verbot der Werbung und des Anbietens werden mit einem Bußgeld von bis zu 30.000 Euro geahndet. Welche Behörden dafür zuständig ist, ist in jedem Bundesland anders geregelt:

Baden-Würrtemberg: In Baden-Württemberg sind die sogenannten unteren Verwaltungsbehörden zuständig. Das sind die Landratsämter (in Gemeinden, die einem Landkreis zugeordnet sind) oder die Stadtverwaltungen (in Stadtkreisen und Großen Kreisstädten). 

Brandenburg: In Brandenburg ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz zuständig. Dieses erreicht man per E-Mail unter poststelle@msgiv.brandenburg.de oder per Post an Henning-von-Tresckow-Straße 2-13, 14467 Potsdam.

Bremen: In Bremen ist die Senatorin für Gesundheit, Frauen und Verbraucherschutz (SGFV) für die Verfolgung dieser Ordnungswidrigkeit zuständig. Sie erreichen die Senatsverwaltung per E-Mail unter office@gesundheit.bremen.de oder per Post an Faulenstraße 9/15, 28195 Bremen.

Hessen: In Hessen ist das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege zuständig. Das Landesamt ist per E-Mail unter poststelle@hlfgp.hessen.de oder per Post an Heinrich-Hertz-Str. 5, 64295 Darmstadt erreichbar.

Mecklenburg-Vorpommern: In Mecklenburg-Vorpommern ist das Ministerium für Soziales, Gesundheit und Sport zuständig. Dieses erreichen Sie per E-Mail unter poststelle@sm.mv-regierung.de oder per Post an Werderstraße 124, 19055 Schwerin.

Rheinland-Pfalz: In Rheinland-Pfalz sind die sogenannten Kreisordnungsbehörden zuständig. Das sind die Kreisverwaltungen (in Landkreisen) oder die Stadtverwaltungen (in kreisfreien Städten).

Saarland: Im Saarland ist das Ministerium für Arbeit, Soziales, Frauen und Gesundheit zuständig. Dieses erreichst du per E-Mail an poststelle@soziales.saarland.de oder per Post an Mainzer Straße 34, 66111 Saarbrücken.

Sachsen: In Sachsen sind die Landratsämter (in Landkreisen) oder die Stadtverwaltungen (in kreisfreien Städten) zuständig.

Sachsen-Anhalt: In Sachsen-Anhalt ist das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung zuständig. Dieses erreicht man per E-Mail unter ms-presse@ms.sachsen-anhalt.de oder per Post an Turmschanzenstraße 25, 39114 Magdeburg.

Thüringen: In Thüringen ist das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie zuständig. Dieses erreichen Sie per E-Mail unter poststelle@tmasgff.thueringen.de oder per Post ans Postfach 900 354, 99106 Erfurt.

In Bayern, Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein befindet sich noch in Klärung, welche Behörden zuständig sind (Stand: November 2024).

Bis zu drei Jahre nach Ende einer Tat (zum Beispiel nach Beendigung einer Konversionsbehandlung) ist eine Verfolgung durch Behörden und Strafgerichte möglich. Danach sind Verstöße gegen das KonvBehSchG in der Regel verjährt.

Das Bild zeigt eine Visitenkarten von LIEBESLEBEN mit Regenbogenstreifen, darauf der Spruch »Drüber reden.« in roter Schrift.

Was sind die Aufgaben für LIEBESLEBEN?

Im Rahmen einer übergeordneten Strategie, die sexuelle Gesundheit im Sinne der WHO als Zustand des körperlichen, emotionalen, mentalen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf die Sexualität zentral verankert, hat LIEBESLEBEN auf Grundlage des Gesetzes ein Informations- und Beratungsangebot zum Schutz vor Konversionsbehandlungen und zur Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt eingerichtet. Dieses adressiert mehrsprachig und anonym Jugendliche, die potenziell von Konversionsbehandlungen gefährdet sind, aber auch Personen, die sich aus privaten oder beruflichen Gründen mit sexueller Orientierung und geschlechtlicher Identität befassen oder dazu beraten, etwa Erziehungsberechtige oder psychologisch und seelsorgerisch Tätige.

Im Wesentlichen werden dadurch zwei Ziele verfolgt: Zum einen gilt es, Jugendliche und junge Erwachsene, aber auch Erziehungsberechtigte und beruflich involvierte Personen, mit ihren teils akuten Problemstellungen zu informieren und sie zu beraten. So werden schädliche Wirkungen sogenannter Konversionsbehandlungen reduziert und akute Gefährdungen verhindert. Zum anderen wird die (Selbst-)Akzeptanz von queeren Personen und der Wandel gesellschaftlicher Normen unterstützt, um Diskriminierungen abzubauen, Selbstbestimmungsrechte zu stärken und nachhaltig gesundheitsförderliche Effekte, insbesondere in der Förderung des psychischen Wohlbefindens, zu erzielen.

Das Angebot von LIEBESLEBEN umfasst dabei verschiedene Maßnahmen zum Schutz vor Konversionsbehandlungen, die sukzessive ergänzt und erweitert werden. Sie betreffen die Netzwerkarbeit und den fachlichen Austausch, aber auch Forschungsprojekte, Expertisen und Evaluierungen, um Wissen und Erfahrungen zu Konversionsbehandlungen systematisch zu erfassen. Außerdem werden zielgruppenspezifische und öffentlichkeitswirksame Maßnahmen ergriffen, die von Social-Media-Aktivitäten und Onlineangeboten bis zu Printmaterial und Unterstützungsangeboten für Fachkräfte reichen. Kernstück ist dabei die seit Frühjahr 2022 bestehende personalkommunikative Telefon- und Onlineberatung zu Vielfalt und dem Schutz vor Konversionsbehandlungen.